Feste Isolierstoffe sind in modernen Geräten unverzichtbar und müssen präzise charakterisiert werden, um die Sicherheit und Effizienz in jeder Anwendung zu gewährleisten. Mit dem vermehrten Einsatz schnell schaltender Halbleiterschalter – etwa in der Leistungselektronik – wird der Einfluss hochfrequenter und steil gepulster Signale auf die Isolierung immer wichtiger. Dielektrische Verluste, Durchschlagfestigkeit und Alterungsprozesse hängen stark von diesen Belastungen ab. Prüfmethoden wie der Ultrakaskoden-Prüfstand ermöglichen es, Isolierstoffe realitätsnah zu testen und die Belastbarkeitsgrenzen gezielt zu analysieren. So können die Langzeitbeständigkeit und Zuverlässigkeit moderner Isolationssysteme probat bewertet werden.
Stand der Technik
Zur Bestimmung der Eigenschaften gängiger Isoliermaterialien kommen diverse internationale Normen zum Einsatz, wie IEC 60093 / 62631-3-1, IEC 60250 / 62631-2-1, IEC 60243-1 und IEC 60112. Diese Normen liefern wertvolle Richtlinien zur Messung und Charakterisierung spezifischer elektrischer Eigenschaften – von der Durchschlagspannung über den spezifischen Widerstand bis hin zur Kriechstromfestigkeit. Dennoch kann keine einzelne Norm alle relevanten Materialeigenschaften erfassen. Einige Eigenschaften, wie der dielektrische Verlustfaktor, werden zum Beispiel bei 1 MHz gemessen, während andere – wie der spezifische Volumenwiderstand – ausschließlich unter Gleichstrombedingungen bestimmt werden. Die genannten Normen sind lediglich ein Auszug aus der Fülle an Richtlinien. Dennoch gibt es keine klare Regelung für wiederkehrende Schaltimpulse einiger kHz.
Durchbruchsmechanismen und Alterungsverhalten von Isolierstoffen
Um den Zusammenhang zwischen Frequenz und Durchschlagsfestigkeit zu verstehen, ist es wichtig die Durchbruchsmechanismen und das Alterungsverhalten zu kennen.
Intrinsischer Durchbruch
Der intrinsische Durchbruch ist als idealer Parameter anzusehen, der in realen Anwendungen nicht erreicht wird. Der Grund hierfür liegt im Aufbau der Prüfkörper. Letztere weisen in der Regel Materialfehler auf, weshalb diese hohen Spannungen (siehe Abbildung 1) nicht erreicht werden können.

Abbildung 1 zeigt, dass diese Art von Durchschlag nur innerhalb einer sehr kurzen Belastungsdauer auftritt. Die für einen intrinsischen Durchbruch erforderlichen Feldstärken liegen deutlich über 106 V/cm. Die Grenzen zwischen den Durchbruchsmechanismen sind fließend.
Thermischer Durchbruch
Der thermische Durchbruch tritt ein, wenn die zugeführte Wärme die von der Isolierung abgeleitete Wärme übersteigt. Das führt zu einer Erwärmung des Materials, das in der Folge eine thermische Zerstörung erfährt. Der wichtigste Einflussparameter für den thermischen Durchbruch von Festkörpern ist die Verlustleistung (siehe Formel).

mit

Anhand der Formel wird deutlich, dass sich die Verlustleistung proportional zur Frequenz verhält. Somit beeinflusst die Frequenz die Durchschlagsfestigkeit von Materialien in hohem Maße. So ist bei einem Halbleiterschalter mit Schaltfrequenzen von > 1 kHz die Verlustleistung mehr als 20 mal so hoch als bei einer Schaltfrequenz von 50 Hz.
Erosions-/ Alterungsdurchschlag
Reale Isolationssysteme enthalten oft Hohlräume / Fehlstellen in den Dielektrika, weshalb die anliegenden Feldstärken auf einen niedrigen Wert eingestellt werden müssen. Eine Verschlechterung der Isolierung und deren Alterung kann durch mechanische / thermische Belastungen, Teilentladungen und Hydrolyse beschleunigt werden.
Einsetzbarkeit von Prüfmitteln
Zu den Prüfgeräten zählen unter anderem HV-Resonanzverstärker, Transmission Line Transformer und die Ultrakaskode. Details dazu finden Sie in unseren vorangegangenen Blogbeiträgen, oder kontaktieren Sie uns gern direkt!
Anforderungen:
- Hohe Spannungen
- Ein breites Frequenzspektrum
- Steile, gepulste Spannungen
Versuchsergebnisse
Die Messungen der Durchbruchspannung in Abhängigkeit von verschiedenen Frequenzen wurden mittels HV-Resonanzverstärker (Sinus) an einem Feststoff durchgeführt. Abbildung 2 zeigt, dass die Durchbruchspannung bei Frequenzen zwischen 50 Hz und 100 kHz stark abnimmt. Die Erhöhung der Frequenz auf 200 kHz verringert die die Durchbruchspannung nur noch geringfügig. Die Zunahme der Verlustleistung lässt auf eine weitere Abnahme der Durchbruchspannung schließen.

Fazit und Ausblick
Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl hohe Frequenzen als auch steile Spannungsimpulse die Durchbruchspannung von Isolierstoffen erheblich reduzieren können. Besonders im Bereich bis 100 kHz kann die Durchbruchspannung auf weniger als die Hälfte sinken, während sie oberhalb von 100 kHz nur noch geringfügig abnimmt. Dies ist besonders relevant für Halbleiterschalter mit Sperrspannungen über 1 kV, die häufig in diesem Frequenzbereich arbeiten und deren Zuverlässigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden kann. Inhomogene elektrische Felder im Isolierstoffsystem – verursacht durch minimale Änderungen am Bauteilaufbau oder externe Einflüsse wie die Kabelverlegung – verstärken diesen Effekt zusätzlich. Um die Lebensdauer und Sicherheit moderner Isolationssysteme zu gewährleisten, müssen daher alle Komponenten, vom Transistor bis zur Systemverkabelung, auf eine ausreichende Isolierfähigkeit bei hohen Frequenzen ausgelegt sein.
Weitere Untersuchungen sollten sich verstärkt mit der Variation der Spannungsform und der damit verbundenen Flankensteilheit befassen, um deren Einfluss auf die Belastbarkeit von Isolierstoffen besser zu verstehen. Weiterhin ist es sinnvoll, flüssige und gasförmige Isolierstoffe in zukünftigen Untersuchungen einzubeziehen, um ein umfassenderes Bild über das Verhalten verschiedener Isolationssysteme zu erhalten
Literatur
[1] Fehmer, F., et al. Investigation on the Influence of Fast Switching Pulses and High Frequency on Solid Insulation Materials. In: Proceedings of the International Symposium on High Voltage Engineering (ISH), Glasgow, 2023