In den vergangenen Blogeinträgen haben wir die Prüfung von Isolierstoffen behandelt und dabei die Ultrakaskode besonders hervorgehoben, die aufgrund ihrer einzigartigen Prüfparameter neue Standards ermöglicht. Doch warum ist eine solche Schaltung wie die Ultrakaskode notwendig? Die Antwort liegt in den Materialeigenschaften der Prüflinge. Diese müssen den zunehmenden Spannungshöhen und variierenden Spannungsformen standhalten. Da Prüfmittel die Prüflinge oft mit dem Vielfachen der Bemessungsparameter testen, stehen Prüfstände stets vor großen Herausforderungen. Daher ist es evident zu wissen, welche Ausfallmechanismen auftreten, um die Verfügbarkeit einzelner Isolatoren zu bestimmen. In diesem Blogeintrag liegt der Fokus auf den Ausfallmechanismen der Isolierstoffe und bietet ein grundlegendes Verständnis für die zu verwendenden Prüfmethoden.
a) Anforderungen an Isolierstoffe
Es bestehen verschiedene Parameter zur Klassifizierung von Isoliermaterialien. Hierzu eine Auflistung der Anforderungen mit Beispielen.
- Isolierfähigkeit: 15 kV/mm … 900 kV/mm
- Dielektrische Parameter: Leitfähigkeit, Permittivität, Verlustfaktor
- Mechanische Beanspruchung: Krafteinwirkungen, Elastizität
- Thermische Charakteristik: Betriebstemperatur, Schmelzpunkt
- Chemische Stabilität: Reaktion mit Gasen, Korrosion
- Umgebungsbedingungen: Verschmutzung, Feuchtigkeit, Strahlung
- Verarbeitung: Formgießen, extrudieren
- Standards, Normen: Brennbarkeit, Toxizität
- Kosten, Verfügbarkeit: Niedrig / Hoch
- Recycling, Entsorgung: Vorschriften
Die richtige Auswahl eines Isolierstoffes, unter Berücksichtigung der genannten Parameter, sollte immer wohlüberlegt gewählt und durch praktische Versuchsreihen validiert werden.
b) Elektrische Beanspruchung
Ein Mittelspannungsnetztransformator wird hauptsächlich mit 20 kV / 50 Hz belastet. Demnach sind die Wicklungen genau für dieses Szenario ausgelegt. Doch kann diese Wicklung auch bei anderen Spannungsformen oder höheren Frequenzen verwendet werden? Diese Frage können Sie nicht beantworten!
Es ist größtenteils bekannt, welche Phänomene und Test-Prozeduren bei Gleichspannungen, 50 / 60 Hz Wechselspannungen und Impulsspannungen (250/2500µs oder 1,2/50µs) auftreten. Was weniger bekannt ist, sind die Phänomene bei AC Spannungen bis einige MHz, repetitive Spannungen mit hoher Flankensteilheit oder AC/DC Mischspannungen. Insbesondere die Spannungsamplitude, die Dauer der Einwirkung , die Frequenz und die Flankensteilheit beeinflussen die Isolierstoffe sehr stark.
c) Durchschlagsmechanismen
Ein elektrischer Durchschlag führt in der Regel zum Versagen der Isolierung und ist unbedingt zu verhindern. Zur Vermeidung eines Durchschlags ist es wichtig die Fehlerquelle zu kennen, da verschiedene Einflussfaktoren ebenso verschiedene Durchschläge hervorrufen. Im Rahmen dieses Blogs werden diese nur genannt.
Für weitere Informationen oder Schulungsmöglichkeiten stehen wir Ihnen gern zur Verfügung!
- Dielektrischer Durchschlag
Ursachen:- hohes elektrisches Feld,
- unzureichende Weglängen (Stoßionisation)
- Thermischer Durchschlag:
Ursachen:- Materialien mit hohem Verlustfaktor
- hoher Wärmetransport
- Umgebungstemperatur
- Erosionsdurchschlag/ Alterungsdurchschlag
Ursachen:- Teilentladungen
- Einfluss Feuchte
- Elektrochemische Migration
- Elektrolytische Korrosion
- Elektrische Feldalterung
- Thermische Alterung
Es ist häufig ein Zusammenspiel mehrerer Mechanismen, die zum Durchschlag führen. Insbesondere der dielektrische Durchschlag lässt sich bspw. durch eine Ultrakaskode oder eine hochfrequente Hochspannungsquelle herbeiführen. Am häufigsten tritt der Alterungsdurchschlag in Form von Teilentladungen (TE) auf.
d) Teilentladungen
Teilentladungen sind lokale elektrische Entladungen, die nur partiell einen Teil der Isolation zwischen den Elektroden überbrücken (Auszug aus der Norm IEC 60270).
Es wird ersichtlich, dass Teilentladungen die Durchschlagsfestigkeit von Isolatoren mindern können und den Alterungsprozess beschleunigen. In Kunststoffen führen TE in der Regel früher oder später zum
Durchschlag. Daher ist es umso wichtiger, dass das Alterungsverhalten eines Isolierstoffes bekannt ist.
TE können über teure und aufwendige Laboreinrichtungen gemessen und detektiert werden. Diese Messung ist sehr empfindlich und störanfällig. Das Signal eines Handys, WLAN, Zündfunken von Autos, Netzstörungen können die Messung beeinflussen. Weiterhin ist die Interpretation einer TE-Messung komplex, da der reine gemessene Wert wenig Aussagekraft besitzt.
Beispiel:
- 6 pC (Pico-Coulomb) bei einem VPE-Kabel = nicht bestanden
- 5000 pC bei einem Generator = bestanden
Viele Fehlermechanismen können die Isolationsleistung beeinträchtigen, wie etwa raumladungsinitiierte Durchschläge, Oberflächen-, Grenzschichten- und VolumeneƯekte sowie allgemeine Einflüsse wie die Feuchtigkeit, die die Leitfähigkeit beeinflusst. Häufig ist es das Zusammenspiel mehrerer solcher Faktoren, das zum elektrischen Durchschlag führt. Isolatoren von Halbleiter-Packages bis Kabeldurchführungen sind allen diesen Einflüssen ausgesetzt und müssen kontinuierlich auf ihre Isolationsfähigkeit überprüft werden.
Die CRW bietet umfassende Analysemöglichkeiten für Ihr Produkt an, um die Isolation unter Berücksichtigung der genannten Punkte zu prüfen. Beispielsweise werden TE-Messungen häufig mit einem Grundstörpegel von < 30 pC durchgeführt. Unser Messaufbau erreicht einen Grundstörpegel von < 1 pC, was uns die Detektion sehr kleiner TE ermöglicht. Zusätzlich bieten wir Schulungen zu den Grundlagen, Ausfallmechanismen sowie Design- und Vermeidungsstrategien an. Hierbei profitieren Sie von der Expertise von Herrn Dr. Wels und Prof. Dr. Claudi, die über jahrelange Erfahrung in der Lehre auf diesem Gebiet verfügen.